NATOUR

Draußen unterwegs, als Geopark-Rangerin, Wildnispädagogin, Tourguide und Ausbildungsleiterin.

Wenn Geschichten Berge versetzen – Naturkunde im UNESCO Geopark

Zwischen den großen Flussadern Rhein, Main und Neckar liegt der Geopark Bergstraße-Odenwald und lockt mit vielen „Fenstern“ in die bewegte Erdgeschichte unseres Planeten. Für mich ist das Gebiet Heimat geworden und ich freue mich als BANU zertifizierte Geopark-Rangerin naturkundliche Veranstaltungen und Führungen durch die regionale Erd- und Siedlungsgeschichte anzubieten.

Die RNZ war 2017 bei einer Führung zu Kelten, Klimaunbilden und kurzweilige Erdgeschichten zwischen dem Oberrheingraben und der keltischen Höhensiedlung auf dem Heiligenberg dabei:

Im Gewand einer keltischen Bäuerin auf dem Weg zum äußeren Ringwall und dem alten Brunnenschacht der keltischen Höhensiedlung © Manfred Bechtel

Was haben Klimaunbilden mit keltischer Kultur, dem fruchtbaren Boden der Heidelberger Region und dem Bergstraßenneckar zu tun? Begleiten Sie eine keltische Bäuerin auf teils abgelegenen Pfaden rund um den Gipfel des Heiligenbergs und werfen Sie einen naturwissenschaftlichen Blick auf die Welt der keltischen Siedler. Was veranlasste sie dazu, befestigte Höhensiedlungen wie die auf dem Heiligenberg anzulegen, wie konnten sie sich am Gipfel mit Wasser versorgen und wie weit reichte das keltische Fernhandelsnetz? Tauchen Sie ein in ein Land vor unserer Zeit zwischen Eiszeit, Kelten und Neckarsueben, lassen Sie sich von einer kleinen zeitgemäßen Verköstigung überraschen und üben Sie sich im Schlagen des keltischen „Feuerzeuges“. Im Anschluss besteht die Möglichkeit der Einkehr in die Waldschenke.

Der Weg ist das Ziel – Ausbildungsleitung für Wildniswandern

Die Touren der Wildnisschule Wildniswandern führen den Reisenden auf einem entschleunigten Weg durch naturbelassene Landstriche und laden dazu ein, in der Natur zu verweilen. Ganz nach dem Prinzip wer langsamer geht, hat mehr vom Weg. Anhand der Landschaftsmerkmale und der Vegetation eine Quelle finden und die Wasserqualität beurteilen zu können, zählt in unserem Alltag kaum mehr zu den erstrebenswerten Hard Skills. Und trotzdem spüren wir eine mehr oder weniger ausgeprägte Anziehungskraft bei Fähigkeiten, die uns in der Wildnis das Überleben sichern und Orientierung bieten können. Die Ausbildung zum Wanderreiseleiter bringt für sechs intensive Blöcke Gleichgesinnte mit spannenden Outdoor-Themen zusammen. Es geht dabei weniger um Bush Craft und Survival, als um die Annäherung an das wilde Draußensein mit Verantwortung für eine Gruppe in einer europäischen Mittelgebirgslandschaft.

Theorie am Feuerplatz: Eine Outdoor-Einheit zur Streckenberechnung bevor es los geht © Joachim Rose

Die Ausbildungsgruppe begleitet sich dabei von Frühjahr bis Winter, „wächst mit“ und kann jedem Teilnehmenden zu einem stärkenden Begleiter werden. Als Ausbildungsleiterin durfte ich für mehrere Jahre Menschen in diesem Rahmen zusammenbringen, Stärken stärken und Teilnehmende unterschiedlichsten Know-hows dabei begleiten, sich mit Themenfeldern wie Wetterkunde, Orientierung, Feuer und Kochen über dem Feuer, Knotenkunde, Draußen schlafen, Naturpädagogik, Routenplanung und Gruppendynamik auseinanderzusetzen und in die Leitung von Touren hineinzuwachsen. Die Aufgabe war mir eine Ehre und hat mich mit Freude erfüllt. Ich danke meinem Coleiter Joachim Rose, Natourijo, für die großartige, zupackende und immer ehrliche Zusammenarbeit.

Und nun ist es vorbei, dieses Jahr, und ich möchte noch mal die Gelegenheit nutzen, um mich bei dir für deine tolle Begleitung, dein Wissen, deine einfühlsame Art, deinen Humor und deine Führungsqualitäten zu bedanken. Dieses Jahr ist in der Rückschau noch viel toller, als ich es zwischenzeitlich wahrgenommen habe.

Kerstin Schröer, Teilnehmerin Ausbildung Wanderreiseleiter Wildniswandern, 2024

Praxis während der Ausbildungstour: Standortbestimmung mit Hilfe der Kreuzpeilung © Susanne Blech

Into the wild and back again – Zusammenarbeit mit der Waldläufer Wildnisschule

Die Waldläufer Wildnisschule bietet sowohl auf ihren Touren als auch in ihren Ausbildungen einen tiefgründig-durchdachten, ideologiefreien und liebevollen Weg zu mehr Wildnisbezug und Gemeinschaftserleben in der Natur.

Mit Jens und Bettina, den sympathischen Gründern, verbindet mich eine langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Sei es in der gemeinsamen, synergetischen Veranstaltungsleitung oder im kreativen Austausch, es herrscht immer ein besonderer Team-Flow und eine ehrliche Freude am Miteinander. Während Corona habe ich bei der spontanen Entwicklung einer Online-Variante der Mensch in Auswilderung unterstützt und durfte Spiegel und Impulsgeber sein für Übungen zu den Themen Wahrnehmung und Bewegung im Gelände, Kenntnisse über natürliche Zusammenhänge, Kreativität, Intuition, Zugehörigkeit und Verbundenheit.

Ob als verbindliches Leitungs-Team in der Ausbildung von Outdoor-Guides oder im freien, kreativen und projektbezogenen Austausch, die Zusammenarbeit mit Susanne war und ist für mich immer wieder sehr bereichernd, inspirierend und wertvoll. Durch ihre Kombination aus fachlicher Kompetenz, produktiver Energie und einer Freude am Menschen entsteht eine einzigartige und potenzialgeladene Dynamik, die ich sehr schätze.

Jens Schwarzenbolz, Gründer der Waldläufer Wildnisschule, 2024

Am Rande der Komfortzone – Lead-Guide und Tourkonzeption für Touren mit Rucksackbooten

Wildwassertouren mit Rucksackbooten, das bedeutet Minimalismus zugunsten entlegener Flussabenteuer, die Auseinandersetzung mit der eigenen Komfortzone und neue Erfahrungshorizonte. Das Rucksackgewicht für eine Woche Trekking samt Boot liegt schnell bei 26 Kilo und mehr, aber es ist es wert. Ich habe Packrafting über das Spezialreiseunternehmen LWA kennen und lieben gelernt. Für die vielen Erfahrungen und Eindrücke, die ich als Guide für Ein- und Mehrtagestouren sammeln durfte und für die besonderen Menschen, die ich auf diesem Wege getroffen habe, bin ich dankbar. Ich habe Unterwegs-Erfahrungen mit diversen Gruppen gesammelt, viel von anderen und über mich selbst gelernt, durfte an den Herausforderungen wachsen und habe zwei ambitionierte Touren im Wildwasser II-III konzipiert, gescoutet und erstdurchgeführt. Eine in den Schmelzwasser gespeisten Flüssen des Bayerwalds, die andere auf den zwei südalbanischen, malerischen Flüssen Osum und Vjosa, die zum ersten Wildflussnationalpark auserkoren wurde. All dem liegt der Wunsch zugrunde, eindrückliche Erfahrungen zu ermöglichen und Tourteilnehmende mit den Menschen vor Ort in persönlichen Austausch zu bringen. Ganz im Sinne eines nachhaltigen, sanften Tourismus.

Der Eisenbahnerschwall ist ein herrlich wilder Abschnitt auf dem Großen Regen © Susanne Blech

Ein Gefühl von Abgeschiedenheit in Skandinavien? Kein Problem. Gefühlte Wildnis in Deutschland? Das ist für eine Tourkonzeption mit ausgewogenem Wildwasser- und Wanderanteil außerhalb von Schutzgebieten schon eine deutlich größere Herausforderung. Die Bayerwaldtour war mir ein Anliegen, um „unweit der Haustür“ seitens LWA eine Tour anzubieten, die einen wilden Flusscharakter im Schwierigkeitsgrad II-III zusammenbringt mit abgeschiedenen Wanderwegen und urigen Übernachtungsorten auf Privatgrund. Im Frühjahr kann es im Bayrischen Wald noch sehr kalt sein, was die Anwohner immer wieder betonten. Doch das stört nicht, wenn man dafür bestes Wildwasser genießen darf, wie zum Beispiel bei der Tour 2022. Die Bayerwaldtour bietet LWA jährlich an, wenn die Pegel die Befahrung zulassen. Hier geht es zur Tour.

Nach einem Start im Wildwasser geht es auf kleinen Trails zum nächsten Übernachtungsplatz © Susanne Blech

Die Tour in Albanien hat ihren Ursprung in der Kampagne „Safe the Blue Heart“, die Kampagne zur Rettung der Balkanflüsse vor dem übermäßigen Verbau mit Staudämmen. Als ich mich im Rahmen des Naturschutzkonzepts, das ich für Land Water Adventures 2018 geschrieben habe, mit der Kampagne auseinandergesetzt und über das Projekt zum Schutz der Vjosa gelesen habe, ist sofort der Funke übergesprungen. Das Ziel, diesen besonderen Fluss zum ersten Wildfluss-Nationalpark zu machen, hat mich direkt begeistert. Ein majestätischer Strom von 270 km Länge mit noch unverbautem Lauf, der frei mäandrierend von seinem Ursprung in Griechenland an der albanischen Küste in die Adria mündet. Es ist ein wilder Strom mit hoher Wasserqualität, wie es sie in Europa kaum noch gibt. Zusammen mit meinem Mann habe ich mich spontan entschlossen nach Albanien zu reisen, um dort eine Tour zu scouten. Wir sind warmherzig von den Menschen vor Ort aufgenommen worden und fanden insbesondere in Dona und Beni vom Albturist Permet hilfsbereite Unterstützer und Freunde.

Nach einer Woche Erstdurchführung auf Vjosa und Osum, Tourende in der UNESCO Welterbe Stadt Berat © Gerd Funk

Die Erstdurchführung der Tour, zu der sich direkt eine Gruppe erfahrener Stammkunden gefunden hat, konnte 2022 stattfinden. Und ja, „Vjosa Grandiosa“ und der kathedralenartige Osum-Canyon haben begeistert. Mit ihrer einzigartigen Landschaft und den zahlreichen kleinen Gelegenheiten der Verköstigung und Begegnung ist es eine Tour für wärmeliebende Landschaftsgenießer und gesellige Genussmenschen. Im Blogbeitrag spreche ich über die Motivation hinter dieser Tour, die LWA direkt ins Programm aufgenommen hat. Hier geht es zur Tour.

„Es war einfach die genialste Tour, die ich bisher gemacht habe.“

Sabine Wolber, Teilnehmerin Erstdurchführung Albanientour, 2022

Während der Erstdurchführung haben wir mit vereinten Kräften Material gedreht, um einen Videobeitrag online stellen zu können, der sowohl die Landschaft als auch die Menschen vor Ort in ihrem Engagement und die Wahrnehmung der Tourteilnehmenden zeigt. Hier geht es zum Video.

„Was für ein toller Beitrag und Film! Nochmals herzlichen Dank an Susanne, Johannes, unsere super Gruppe, Albanien und LWA für dieses unvergessliche Erlebnis. Einfach wunderbar. Umso mehr freut es mich, dass die Erhaltung dieser Natur durch den Status eines Nationalparks näher rückt.“

Karin Mehnert, Teilnehmerin Erstdurchführung Albanientour, Feedback auf dem Land Water Blog, 2022

Mit zehn Tourteilnehmenden auf der Vjosa im Süden Albaniens © Johannes Kormann

 

Gemeinsam Draußen sein – Leitung von Waldfreizeiten

Gemeinsam im Laub unter hoch aufragenden Bäumen zu spielen, ist einfach wild und wunderbar. Das habe ich als Kind so erlebt und erlebe ich heute, wenn ich als Wildnispädagogin Kinderfreizeiten leite. Fragen selbst nachgehen dürfen und im Sinne des Coyote Teachings nicht direkt Antworten zu erhalten, sondern mit geweckter Neugier den eigenen Interessen folgen, das macht viel aus, um die natürliche Entdeckerfreude zu erhalten. Waldfreizeiten und Wildnispädagogik ermöglichen jungen Menschen den Rahmen für spielerische Naturerfahrungen. Einrichtungen, wie die VHS Heidelberg und der Waldtreff Handschuhsheim, für die ich verschiedene Ferienfreizeiten konzipiert und durchgeführt habe, sind notwendiger Baustein in der Ferienbetreuung und können viele sinnvolle Impulse setzen. Das Handy einfach mal ausschalten und die Hände dreckig machen, Spuren suchen, Federn sammeln, einen Berg hochlaufen, gemeinsam an einer wilden Behausung bauen und eine Wald-Variante von Siedler spielen. Die Ferienfreizeiten vom Waldtreff sind zuverlässig ausgebucht. Das ist gut so, aber es zeigt auch den großen Bedarf. Eine Situation ist mir von einer Waldfreizeit in besonderer Erinnerung geblieben. Es war ein kühler Frühlingstag und ein Mädchen trug über ihrem T-Shirt nur eine dünne wasserabweisende Jacke mit Eisprinzessin-Motiven. Ihre Kleidung war nicht zum schmutzig werden gedacht und entsprach mitnichten dem, worum wir die Eltern gebeten hatten. Ich hatte den Eindruck, dass das Mädchen das erste Mal wirklich im Wald war. Beim Anblick einer grauen Taubenfeder war sie hellauf begeistert und ab da konnte sie nichts mehr davon abhalten weitere Taubenfedern zu sammeln. Sie sprang herum, sammelte Federn und genoss sichtlich die Zeit im Wald. Wir unterbrachen sie nicht, weil es sie so glücklich zu machen schien. Am Ende des Tages präsentierte sie ihrer Mutter stolz ihren Schatz. Ich beobachtete die Situation, da ich auf die Reaktion der Mutter gespannt war. Ein bisschen hatte ich es kommen sehen. Mit den Worten „Igitt, die sind total dreckig und voller Ungeziefer“ schlug die Mutter dem Kind die Federn aus der Hand und schob es zum Auto. Das Mädchen starrte noch einen Moment ungläubig auf die am Boden verstreut liegenden Federn. Mit einer einzigen Geste hatte die Mutter ihr den Schatz und die Freude genommen. Was sie aber bestimmt weiterhin in sich trägt ist die Erinnerung an die gute Zeit, die sie in der Natur hatte. Ich möchte an der Stelle auf das artgerecht-Projekt von Nicola Schmidt verweisen, die in diesem Rahmen regelmäßig Wildnisfreizeiten für Familien anbietet.

„Danke liebe Susanne für die tollen Waldfreizeiten. Den Kindern hat es großen Spaß gemacht!“

Fabienne Thielmann, Leitung Waldtreff, 2018

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